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Die Diskussionen gehen weiter: Woher kam SARS-CoV-2 ursprünglich?

…mit der Genialität eines bis heute unbesiegbaren viralen Saboteurs

8. November 2022.

Der SAJO Blog bietet seit Februar 2020 einen Leitfaden mit aktuellen Informationen zu aktuellen Pandemien und Infektionskrankheiten.

Hinweis: Die Serie „Lektionen aus der Pandemie“ wird bei Gelegenheit fortgeführt.

Hinweis: Sie können den Text vergrößern oder verkleinern durch STRG+ oder STRG-

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Auch die Wissenschaftler*innen, die Spezialist*innen auf ihrem Gebiet, die Virolog*innen, sind sich nicht alle einig, ob SARS-CoV-2 aus der Natur aus einer Zoonose, also der Übertragung des Ursprungs-Virus zwischen Spezies und am Ende auf den Menschen, entstanden ist, oder ob es durch einen Laborunfall über einen Menschen in die menschliche Population geschleppt wurde.

Die Argumente, die das Virus aus einer Zoonose stammen lassen, sind überwältigend und schlicht überzeugender als die der Gegenseite. Wir selbst arbeiten an Zoonosen, und sind davon überzeugt, dass dieses Virus einer Zoonose entstammte, wie auch schon frühere pandemische Pathogene.

Zuletzt wiesen auch Bewegungsmuster von Menschen in China laut seriösen wissenschaftlichen Publikationen darauf hin, dass der Ursprung der Übertragung und der hotspot im wet market in Wuhan lag.

Natürlich passieren Laborunfälle. Bis jetzt ist uns aber nicht bekannt, dass „gefährliche“ Viren einfach so aus Sicherheits- oder Hochsicherheitslaboratorien entwischt sind, sondern durch terroristisch veranlagte Mitarbeiter*innen, die Pathogene entwendet haben. Solche Handlungen sind strafbar, werden immer aufgedeckt (denn in Sicherheitslabors gibt es eine lückenlose Dokumentation) und zurecht bestraft.

Uns ist zum Beispiel ein Fall bekannt, aus unserer Zeit am National Cancer Institute in Frederick, MD, USA. Das Gebäude stand aus historischen Gründen auf einer US-Militärbasis, Fort Detrick. Eines unserer Nachbargebäude war das USAMRIID. Von dort wurden durch einen Mitarbeiter Milzbrandsporen (Anthrax) entwendet. Der Mitarbeiter wurde erwischt, und hat sich daraufhin umgebracht, um der Bestrafung zu entgehen.

Um es kurz zu machen: SARS-CoV-2 kam auf natürlichem Weg (auf Umwegen über einen oder mehrere bis heute noch nicht identifizierte/n Zwischenwirt/e) aus Fledermäusen zum Menschen. Natürlich klingt das weniger spektakulär als ein Laborunfall oder böswilliges Freisetzen. Nur deshalb sprangen die Medien auf Letztere an.

Lassen Sie uns jetzt einen Blick auf das Virus und seine Eigenschaften als Saboteur zum Schutz vor dem menschlichen Immunsystem werfen.

COVID-19, die von SARS-CoV-2 verursachte Krankheit, hat bis jetzt weltweit über 640 Mio. Menschen infiziert und fast 7 Millionen Todesopfer gefordert, in weniger als drei Jahren. Die Dunkelziffern liegen weit höher, und werden von der WHO um das 3-fache höher geschätzt. Und dabei sind Todesursachen (u.a. Schlaganfall, Herzinfarkt usw.), als Spätfolge der Viruserkrankung, in dieser Statistik nicht einmal enthalten. Damit liegt die Zahl an Todesopfern nochmals höher. Das spiegelt sich auch in der sog. Übersterblichkeit in den Jahren 2020 bis heute.

SARS-CoV-2 ist ein Meister der Sabotage, wenn es zu einer Infektion kommt. Nicht nur, dass dieses Virus einen ubiquitär verbreiteten Rezeptor auf Zellen sämtlicher Gewebe und Spezies verwendet, es ist auch ein Meister darin, die Immunreaktion auf ALLEN Ebenen auszuhebeln. Wir kennen viele dieser Reaktionen von anderen Viren; ein weiterer Meister solcher Strategien, mit einem ähnlichen Ausgang, ist HIV.

Wer die verschiedenen viralen Proteine und deren Einfluss auf die Immunreaktionen im Überblick ansehen möchte, kann das auf folgendem Link sehr gut nachvollziehen. Dieser Link zeigt auch die Eiweißstoffe in der viralen Sequenz mit den bis jetzt bekannten Leserahmen (was nichts anderes bedeutet, als dass eine einzelne RNA-Sequenz zur Herstellung mehrerer Proteine verwendet wird): http://www.science.org/content/article/how-sars-cov-2-battles-our-immune-system

Die Komplexität auf vielen Ebenen ist hoch. Wie bei HIV erfüllt ein virales Protein mehrere Funktionen in der menschlichen Zelle. Das bedeutet, dass das Virus nicht nur Antikörper überkommen kann, die neutralisierend wirken sollen, sondern auch die ganze Kaskade an Interferonen aushebelt und diese effiziente Abwehr damit umgeht. Auch weitere Abwehrmechanismen werden umgangen. Im Prinzip werden alle Abwehrmechanismen, die unser Immunsystem bieten kann, und die der Wissenschaft durch Jahrzehnte an Forschungsarbeit bekannt sind, ausgehebelt.

Was macht dieses Virus anders und so gefährlich für uns Menschen?

Erstens: Das menschliche Immunsystem ist mit diesem Virus vor 2019 noch nie in Berührung gekommen, war also immunologisch „naiv“. Nach Infektion kommt es in relativ vielen Fällen zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, oft mit tödlicher Wirkung. Ähnlich war dies bei der Spanischen Grippe 1918 mit dem Influenza-Subtyp A/H1N1.

Zweitens ist es der Übertragungsweg. Ein Übertragungsweg mittels Luft, über Aerosole, ist weniger kontrollierbar als einer durch sexuelle Interaktion und durch kontaminiertes Blut, wie bei HIV. Der effizienteste Übertragungsweg ist immer über die Luft, also „airborne“.

Nachdem nun ein solches Virus durch natürliche Evolution entstanden ist, die immer noch die beste und effizienteste Art ist, solche Pathogene zu generieren, müssen wir sagen, dass es jetzt da ist und wir damit umgehen müssen.

Und denken Sie daran, die Evolution läuft weiter, geschliffen durch den Selektionsdruck, und generiert weitere Pathogene, die, wie früher auch schon, pandemisches Potential haben.

Die Natur, die Evolution hat damals auch die Dinosaurier hervorgebracht, und danach uns Menschen. Also was gibt es Genialeres? Ohne die Evolution gäbe es uns Menschen nicht, und auch nicht jeden Einzelnen, also Sie auch nicht, liebe Leserin, lieber Leser. Uns gäbe es nicht.

Am Beispiel der HIV-Pandemie sieht die Entstehung wie folgt aus:

Mit HIV haben sich bisher 75 Mio. Menschen infiziert, HIV hat 32 Mio. Todesopfer gefordert, Dunkelziffer noch höher. Derzeit leben 37 Mio. Infizierte weltweit. Diese Pandemie läuft seit den 1980er Jahren, also bereits seit über 4 Jahrzehnten. Die Behandlungen sind erfolgreich lebensverlängernd, aber es endet immer tödlich. Geheilt werden kann eine HIV-Infektion bis heute nicht. Einzelfälle von Heilung sind äußerst selten, denn sie benötigen einen Knochenmarkspender, der dem Patienten ähnlich genug ist, und gleichzeitig einen fehlerhaften HIV-Rezeptor trägt. Beides kommt selten genug vor. Die Kombination hat bis heute weniger als 10 Menschen gerettet.

Der nächste Verwandte von HIV-1 ist SIVcpz, ein in Schimpansen endemisches Lentivirus. SIVcpz selbst ist entstanden durch Vermischung mehrerer Lentiviren anderer Affenarten. Einmal an den neuen Wirt angepasst, durchseucht das Virus die Population und kann dann ebenfalls an andere Arten (wie den Menschen) weitergegeben werden. Für HIV-1 geschah dies Anfang des 20. Jahrhunderts in Westafrika, wahrscheinlich durch die Jagd auf Schimpansen als sog. „bushmeat“. Der Zeitraum konnte durch die Anzahl der genetischen Veränderungen zwischen SIVcpz und HIV-1 errechnet werden. Dazu gibt es zahllose Publikationen, wir beschränken uns hier auf eine: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22229120/

SIV sprang zum Menschen in verschiedenen Regionen Afrikas beinahe gleichzeitig. Daraus entstanden zwei Linien: HIV-1 von SIVcpz und HIV-2 von SIVsm, wobei HIV-1 aggressiver als HIV-2 ist. Und da ist noch mehr: SIVcpz sprang mehrmals, woraus mehrere HIV-1 Subtypen entstanden.

Auch bei SARS-CoV-2 kann man durch Sequenzvergleiche die Entstehung und den Verlauf der Pandemie retrospektiv nachvollziehen.

Dafür benötigt man aber den Wirtsorganismus, über den das Virus den Menschen infizieren konnte, und den nächsten Verwandten von SARS-CoV-2 im Tierreich. Doch leider ist die chinesische Regierung nicht kooperationsbereit, sie versucht nach wie vor die Welt davon zu überzeugen, dass das Virus aus dem Ausland eingeschleppt wurde, z.B. über Tiefkühlware.

Wir können uns jetzt darauf vorbereiten, dass wir die nächsten Schläge aus der Natur und aus dem Klimawandel überleben. Irgendwann wird es uns Menschen in dieser Form nicht mehr geben, wir selbst schaffen uns seit Jahrzehnten durch die Lebensgewohnheiten, die wir pflegen, ab, aber Leben in anderer Form wird weiter existieren auf diesem Planeten.

Wir kennen die Auswirkungen des Klimawandels seit den 1970er Jahren, wir haben es in den 1980ern in der Schule gelernt. Das ist 40 bis 50 Jahre her, ein halbes Jahrhundert. Passiert ist nichts, im Gegenteil, unser Lebenswandel treibt den Klimawandel immer weiter voran, wie auch die Überbevölkerung dieser Erde. In dieser Zeit hat sich die Erdbevölkerung verdoppelt.

Denken Sie daran, unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft, unsere Politik, alles hat sich so entwickelt, wie wir es erschaffen und gewollt haben. Der Einfluss des Menschen, seine Entscheidungen, seine Lebensweise, ist der Ursprung des ganzen Übels.

Wenn es soweit ist, vielleicht erinnern sich dann manche von Ihnen an unsere Worte.

Doch wir wollen einen positiven Abschluss für diesen Post finden. Die britische Fachzeitschrift „nature“ hat ihre Auswahl der „schärfsten Wissenschafts-Fotografien“ des Monats Oktober veröffentlicht. Dabei sieht man die Macht der Natur und tolle Entwicklungen in der Wissenschaft. https://www.nature.com/immersive/d41586-022-03442-9/index.html

Wir wünschen viel Freude damit.


Und für Musikbegeisterte: Sabines Lieblingskonzert ist das von Vladimir Horowitz (1903 – 1989) in Moskau 1986. Der Jahrhundertpianist war aus der Sowjetunion in die USA geflohen, um dann kurz vor seinem Tod noch einmal nachhause zu kommen – zur Zeit Michail Gorbatschows. Dieses Konzert verbindet nicht nur über die Musik, sondern auch durch friedliche Politik – und das ist das Gegenteil zur heutigen.

Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund.

Das Team Dr. Sabine Breun und Dr. Jörg Baumann, beide Naturwissenschaftler, Virologen, Immunologen, Molekularbiologen und Gründer von SAJO. Beide sind spezialisiert auf Infektionskrankheiten. Dr. Baumann arbeitet seit den 90er Jahren auf Zoonosen, wie Pathogene die Artenbarriere überwinden, Dr. Breun arbeitet seit 2000 an der Interaktion von Viren mit dem Immunsystem. SAJO ermöglicht neue antivirale Wirkstoffe zur Vermeidung von Infektionen (Prophylaxe) und zur Therapie – Wirkstoffe einer neuen Generation im Kampf gegen Pandemien. Beide haben während ihrer wissenschaftlichen Laufbahn, ihrer wissenschaftlichen Karrieren, fünf Jahre am National Cancer Institute auf kompetitiven US-Stipendien in einem US-Eliteprogramm geforscht.

SAJO – für eine gesunde und bessere Zukunft!

SAJO berät rund um Infektionskrankheiten. Wir wenden unser Wissen an, das wir aus der Infektionsforschung über mehr als 20 Jahre international erarbeitet haben. Wir tun, was wir können, um diese Pandemie zu bekämpfen.

Blog post No. 235. Unser Blog erfährt eine breite Akzeptanz, was uns sehr erfreut, wir teilen gerne unser Wissen. Bitte empfehlen Sie unseren Blog weiter – ein informatives Werkzeug im Kampf gegen Pandemien.

(Hinweis: Wir sind keine Mitglieder politischer Parteien oder Religionsgemeinschaften oder von Vereinen. Unabhängigkeit, Souveränität und Freiheit sind für uns ein wichtiges Gut. Wir beraten auf unserem Blog rein wissenschaftlich, ohne eigene Interessen und ohne Interessenskonflikt, also uneigennützig. Wir werden dafür nicht bezahlt.)

SAJO’s Hochtechnologie (das Herz von SAJO) ermöglicht uns, antivirale und antibakterielle Wirkstoffe der nächsten Generation zügig zu finden, zu isolieren und zum Medikament zu entwickeln, vorbeugend oder zur Therapie. Das sind SAJO’s Alleinstellungsmerkmale und Stärken.

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